Um näher zu erfahren, wie es im 2. Weltkrieg war, zu leben, habe ich mit meiner Uroma gesprochen, die 1936, kurz vor dem Zweiten Weltkrieg (1939-1945), geboren wurde.
Wie ihre ganze Familie auf einmal obdachlos war
Als sie gerade einmal 6 Jahre alt war, wurde ihr Haus von einer Feuerbombe getroffen, woraufhin ihr Haus abbrannte. Ihr Haus brannte lichterloh, wie sie sich erinnert. Sie war glücklicherweise auf der anderen Straßenseite bei Nachbarn und niemand ihrer Familie wurde verletzt. Ihre Mutter jedoch rannte in das in Flammen stehende Haus herein, um Möbel zu retten. Da sie kein Obdach hatten, kamen sie vereinzelt bei anderen Familien in der Straße unter. Ihr Haus wurde aus Versehen getroffen, englische Kriegsflugzeuge wollte die Harpstedter Wasserburg treffen, doch verfehlten sie ihr Ziel. Ihre Familie wurde, nachdem ihr Haus abbrannte, zerrissen, da ein paar bei einer Familie unterkamen, ein paar bei einer anderen. Da ihr Opa als Soldat tätig war, war er einigen Gefahren ausgesetzt. Während er am kämpfen war, wurde ihm durch den Oberarm geschossen. Er hatte Glück, dass das Geschoss nur seinen Oberarm traf. Während der Opa im Krieg war, hatte ihre Familie viel Kontakt zu ihrem Opa und sie schrieben sich viel. Irgendwann wurde er als vermisst gemeldet und alle haben schon überlegt, was mit ihrem Opa geschehen ist, bis plötzlich, nach einigen Wochen, eine Post ankam und ihre Mutter verkündet hatte, dass der Opa ihrer Tochter noch am leben sei. Der damalige Bürgermeister Harpstedts hatte einen Platz übrig, wo ein Haus gebaut werden konnte. Man konnte es sehr billig bauen und von daher entschied sich der Vater meiner Uroma dazu, das Haus bauen zu lassen, damit sie wieder ein Obdach hatten. Dort lebt meine Uroma immer noch und in ihrem Garten steht auch ein Baum, der damals schon stand und sogar eine Bombe abbekommen hatte.
Flucht und Rückkehr während bzw. nach dem Krieg
Der Ehemann meiner Uroma flüchtete mit seiner Familie. Er war damals erst 10 Jahre alt. Bei seiner Flucht starb sein Bruder, der etwas jünger war als er, aufgrund von zwei Entzündungen in zwei verschiedenen Bereichen, da es keine ärztliche Behandlung gab. Während der Flucht wurde er auch beerdigt.
Als der Krieg vorbei war, kamen viele aus Deutschland zurück, nachdem sie geflüchtet waren. Jedoch wurde nicht nachgefragt, wer Platz hat, wie 2022 als die ganzen Ukrainer kamen, sondern sie wurden einfach aufgeteilt. Es wurde entschieden, dass die Familie meiner Uroma eine Familie mit einer Mutter, zwei Zwillingsschwestern und einem Jungen aufnahm. Damit sie sich waschen konnten, kam die Oma der Flüchtlingskinder zu Fuß und brachte eine Schale mit Wasser mit.
Das Leben nach dem Krieg
Nach dem Krieg waren so gut wie alle Familien in Deutschland verarmt. Sie hatten keine Heizung, keine Toilettenspülung, kein fließendes Wasser und einiges mehr. Damit sie Wasser hatten, brauchten Familien Pumpen. Damit kleine Kinder etwas Wärme zu spüren bekamen, gab es Heizsonden. Jedoch hat sich keiner darüber beschwert, denn alle waren einfach nur froh, zu leben. Die Kinder mussten in einer Baracke zur Schule gehen, wo es immer sehr kalt war. Meine Uroma hat damals immer ein belegtes Brötchen gegen Maisbrot mit einem Flüchtlingsmädchen getauscht, da meine Uroma das Maisbrot so gut fand und es nur für Flüchtlinge vorgesehen war. Zum Frühstück gab es für die Flüchtlinge immer nur Mehlsuppe, jedoch hatten sie nie Wünsche geäußert und sich nicht beschwert. Irgendwann, als sie es sich leisten konnten, zogen die Flüchtlinge nach Frankfurt.
Lange Zeit nach dem Krieg
Meine Uroma hatte ein Auto mit Frankfurter Kennzeichen gesehen, wo die Insassen eine Pause machten. Auf einmal stand genau das gleiche Auto auch bei ihr auf der Einfahrt und die Zwillingsschwestern stiegen mit ihren Männern aus. Sie kamen rein und erinnerten sich an die alte Zeit zurück. Es war ein sehr schönes Treffen, berichtete meine Uroma.
Da die Leute früher, wenn ein Gewitter aufzog oder der Alarm losging, in einen Luftschutzbunker oder einen Keller gegangen sind, erinnerte sich meine Uroma noch lange Zeit daran. Die Leute nahmen Papiere, Kleidung und Geld mit und liefen in die Versteckmöglichkeit. Immer wenn ein Gewitter aufzog, auch in der Nacht, weckte meine Uroma ihre Kinder, die sich anziehen sollten. Meine Uroma hatte in der Zeit alle wichtigen Sachen gepackt. Ihre Kinder mussten dann mit ihr im Wohnzimmer sitzen und wachbleiben, falls das Gewitter schlimmer sein sollte. Ihre Kinder sagten ihr immer, dass es doch nicht so schlimm sei, und nach einiger Zeit durften sie dann wieder schlafen gehen. Früher hatte meine Uroma richtige Angst vor Gewittern, da es ihr sehr im Kopf geblieben ist. Mittlerweile hat sie es sich aber wieder abgewöhnt. Manche Erinnerungen gehen einem halt nie aus dem Kopf.